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Stephanie Köser
Turn-Taking in Dyadengesprächen

Untersuchungsgegenstand

Bei dem vorliegenden Dissertationsvorhaben handelt es sich um eine empirische Studie zur Untersuchung der interaktiven Organisation von Sprecherwechsel, Weiterführung des Redebeitrags oder Ratifizierung der Hörerrolle (also der Organisation des Turn-Takings) in Zweiergesprächen. Dabei steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, welche phonetischen Mittel für diese Organisation verwendet werden. Darüber hinaus wird die Variation der gewählten Signalisierungsmittel genauer betrachtet - sowohl die Variation zwischen unterschiedlichen Sprechern, als auch die Variation innerhalb eines Sprechers, wenn er mit unterschiedlichen Interaktionspartnern spricht.

Ein phonetisches Merkmal, das sehr häufig in Verbindung mit dem Turn-Taking genannt wird, ist die phrasen-finale Laryngalisierung (engl. creak). Aus diesem Grund wird ein Schwerpunkt der Untersuchung die Frage sein, ob es wirklich eine Korrelation zwischen dem Auftreten finaler Laryngalisierung und möglichen Turnübergangspunkten gibt.

Welchen Beitrag kann diese Studie zum Turn-Taking leisten?

Frühere Untersuchungen zum Turn-Taking in unterschiedlichen Sprachen und mit unterschiedlichen Schwerpunkten konnten bereits die Relevanz phonetischer Merkmale nachweisen. Was in diesen Arbeiten aber bisher zu kurz kam, sind einerseits die Unterschiede in den Strategien einzelner Sprecher, andererseits der Vergleich des Verhaltens eines Sprechers mit unterschiedlichen Gesprächspartnern. Des Weiteren wurden für das Deutsche bisher keine systematischen Analysen von Stimmqualitätsänderungen im Kontext der Turn-Taking-Organisation eingehender durchgeführt. In dieser Hinsicht soll diese Studie neue Ergebnisse bringen.

Methodik

Das Analysevorgehen richtet sich nach den Prinzipien der interaktionalen Phonetik: Es werden in quantitativen Analysen phonetische Parameter untersucht, akustische Messungen durchgeführt, kombiniert mit der qualitativen konversationsanalytischen Untersuchung der Interaktion im Gespräch.

Die Vorteile des beschriebenen methodischen Vorgehens sind vielfältig. Z.B. äußert sich die Relevanz von Turnbeendigungs- und Turnhaltesignalen im Verhalten der Gesprächspartner - er beginnt einen eigenen Turn oder signalisiert, dass er in seiner Hörerrolle bleiben möchte bzw. er lässt den aktuellen Sprecher weiter sprechen, ohne ein Problem zu signalisieren. Mit einer rein quantitativen Analyse von akustischen Parametern würde dieser wichtige Punkt nicht genug berücksichtigt. Ohne jegliche Messungen und quantitativen Auszählungen könnten andererseits persönliche Interpretationen des Analysierenden zuviel Gewicht erhalten. Außerdem bliebe man sozusagen auf der Ebene der Entwicklung von Thesen stehen, ohne diese empirisch zu überprüfen. Quantitative Daten erlauben die Ermittlung statistischer Signifikanzen.

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Ein paar Anmerkungen zu dem Phänomen der Laryngalisierung

Der Phonationstyp Laryngalisierung kann sehr unterschiedlich eingesetzt werden (extralinguistische Faktoren wie pathologische Stimmen oder Veränderungen im Alter nicht berücksichtigt):

  • Funktionen auf Segment- oder Wortebene:
  • Verwendung in der sprachlichen Interaktion:
    • evtl. zur Signalisierung eines möglichen Turnübergangspunktes (z.B. für das Deutsche, Englische und Finnische beschrieben)
    • als Ausdruck bestimmter Emotionen oder Einstellungen (wie z.B. Trauer oder Langeweile)
    • zur Herabstufung oder als Einschub des Gesagten
    • bei Abbrüchen von Äußerungen (z.B. im Deutschen, Englischen und Finnischen)
  • Als soziolinguistischer Marker:
    • Hinweis auf bestimmte soziale Schichten (z.B. im Englischen)
    • Hinweis auf bestimmte regionale Herkunft (z.B. im Englischen)
    • zur Signalisierung von Autorität

Die eben genannten Verwendungsbereiche zeigen, dass sich dieses Phänomen auf unterschiedlichen Domänen abspielen kann: Es können einzelne Segmente betroffen sein (feste Vokaleinsätze, glottalisierte Plosive); die Laryngalisierung kann sich aber auch über einige Silben (finale Laryngalisierung) bis hin zu ganzen Phrasen oder gar mehreren Äußerungseinheiten (Signalisierung von Emotionen oder Einschüben) erstrecken.

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Untersuchung zur Dialektintonation

Während meiner Tätigkeit in dem DFG-Projekt "Untersuchungen zur Struktur und Funktion regionalspezifischer Intonationsverläufe im Deutschen", geleitet von Prof. Dr. Margret Selting (Universität Potsdam) und Prof. Dr. Peter Auer (Universität Freiburg) habe ich mich mit der regionalen Intonation der Stadtmundart von München beschäftigt. Aus dem Projekt gingen die Habilitationen von Jörg Peters (Universität Potsdam, jetzt Radboud University Nijmegen) und Peter Gilles (Universität Freiburg) hervor. Näheres zu dem Projekt finden Sie HIER auf der Homepage von Peter Gilles (Universität Freiburg).

Untersuchungsgegenstand waren dabei sowohl der lokale als auch der globale Tonhöhenverlauf.

Die Intonation kann auf sehr unterschiedlichen Ebenen der Sprache Funktionen übernehmen. Z.B. ist sie ein wichtiger Faktor bei der Phrasierung von Äußerungen und der syntaktischen Strukturierung. Die Herstellung von Prominenz (auf Wort- und Satzebene) wird häufig durch bestimmte Tonhöhenverläufe unterstützt. Ebenso ist die Intonation an der Informationsstrukturierung (z.B. der Fokus-Hintergrund-Gliederung) und der thematischen Strukturierung beteiligt. Darüber hinaus leistet sie einen großen Beitrag zur Turn-Organisation und zur Kontextualisierung von konversationellen Aktivitäten, Einstellungen und emotionalen Komponenten. Im Hauptinteresse der Untersuchungen stand v.a. eine Frage: Wie setzen Gesprächsteilnehmer Tonhöhenveränderungen im natürlichen Gespräch ein und was wird mit diesen intonatorischen Merkmalen in der Interaktion bzw. für die Interaktion erreicht? Aus diesem Grund wurden natürliche Gespräche (freie Interviews mit dem Charakter von lockeren Gesprächen) analysiert.

Aus der obigen Fragestellung ergibt sich ein methodisches Vorgehen nach der interaktionalen Linguistik bzw. interaktionalen Phonetik: Phonetische Analysen der Intonationsmerkmale des Münchnerischen wurden mit konversationsanalytischen Methoden kombiniert.

Eine nähere Form- und Funktions-Beschreibung eines salienten Gipfelakzents in München ist hier zu finden.

Eine kurze Beschreibung eines Wahrnehmungsexperimentes zur Identifizierbarkeit von regionalen Intonationsmerkmalen der Stadtvarietäten München, Köln, Mannheim und Duisburg finden Sie hier.

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Glottalisierung von Plosiven im Deutschen (Magisterarbeit)

Die Arbeit wurde 2001 an der Universität des Saarlandes, am Institut für Phonetik und Phonologie, geschrieben. Untersuchungsgegenstand war die Realisierung des alveolaren Plosivs /t/ und /d/ zwischen Sonoranten.

Es handelt sich dabei um eine kleine Studie, in der die gelesene Sprache von norddeutschen und süddeutschen Sprechern (männlich und weiblich) miteinander verglichen wurde. Die Analysen wurden anhand des akustischen Mikrofonsignals und des laryngalen Signals eines Elektroglottographen durchgeführt.

Realisierungsformen, die gefunden wurden:
Neben der tatsächlichen Realisierung des alveolaren Plosivs wurden erwartungsgemäß Glottalverschlüsse und Laryngalisierung gefunden. Darüber hinaus traten aber auch häufig stimmlose oder behauchte Sonoranten anstelle eines Plosivs auf. Auch die vollständige Elision konnte gefunden werden (sogar bei gelesener Sprache!).

Wenn Sie etwas mehr darüber erfahren möchten, finden Sie HIER die Folien meines Abschlussvortrags.

Die Magisterarbeit ist seit 2005 in den Arbeitsberichten des Instituts für Phonetik an der Universität des Saarlandes (PHONUS) veröffentlicht (etwas gekürzt). Sie kann als pdf-Dokument hier online angesehen bzw. heruntergeladen werden.

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letzte Änderung: 17.02.2014